Tom Otte

20 Jahre Arbeitsschutzgesetz: Sicher ist nur der Wandel

20 Jahre Arbeitsschutzgesetz: Sicher ist nur der Wandel

Vor zwanzig Jahren feierte nicht nur ein neues Gesetz, sondern eine ganz neue Sichtweise auf den Arbeitsschutz ihren Geburtstag. Lange Zeit hatte vor allem der Blick auf konkrete Gefahrenquellen im Mittelpunkt gestanden, oft erst dann, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen war. Vor allem ging es also um Unfallvermeidung.

Das änderte sich, als das neue Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) am 7. August 1996 in Kraft trat. Alle Arbeitgeber waren nun verpflichtet, gezielt vorbeugend zu handeln, indem sie eine Arbeitsschutzorganisation im Betrieb aufbauten. Durch diese Umsetzung europäischen Rechts verbesserte sich der Gesundheitsschutz für Arbeitnehmer entscheidend. Ab jetzt galt es, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer ins Zentrum zu stellen, um möglichen Berufskrankheiten vorzubeugen. Gefährdungen am Arbeitsplatz sollten systematisch analysiert, Schutzmaßnahmen daraus abgeleitet, Abhilfen umgesetzt und dokumentiert werden.

Zum wichtigsten Instrument im neuen Arbeitsschutz wird nun die Gefährdungsbeurteilung aller Tätigkeiten. Aus deren Ergebnissen sollen geeignete Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz abgeleitet werden. Da der Arbeitsschutz jetzt als kontinuierlicher Verbesserungsprozess zu betrachten ist, hatten Betriebsleitungen die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen zu prüfen und diese an Veränderungen anzupassen. Alle erfolgten Schritte müssen zudem dokumentiert werden.
Eine solche Gefährdungsbeurteilung erfasst längst nicht mehr nur klassische Gefahrenquellen, wie den Lärm am Arbeitsplatz oder den Umgang mit Gefahrstoffen. Auch die Gestaltung von Arbeitsabläufen oder die Ausstattung des Arbeitsplatzes fließen in die Beurteilung ein. Neue Erkenntnisse werden kontinuierlich berücksichtigt. Seit dem Jahr 2013 erfasst das ArbSchG bspw. auch psychische Belastungen am Arbeitsplatz.

Nicht nur Arbeitgeber nimmt das Arbeitsschutzgesetz in die Pflicht: Die Beschäftigten müssen gleichfalls mitwirken. Erkennen sie Gefahren für Sicherheit und Gesundheit im Betrieb, haben sie diese zu melden. Diese Rückkopplung praktischer Erfahrungen gibt dem Arbeitsschutz die wichtigsten Impulse.
Heute steht der Arbeitsschutz vor neuen Herausforderungen, denn das Arbeitsschutzgesetz ist nicht für die Ewigkeit geschrieben, es muss ständig an den Wandel der Arbeitswelt angepasst werden. Welche Regeln gelten beispielsweise für die zunehmenden Zahl ‚firmenfremder Mitarbeiter‘, die über Werk- oder Zeitarbeitsverträge, als Freelancer oder Auftragnehmer in Betriebsabläufe eingebunden sind? Wie steht es um Gefährdungen, die aus der Digitalisierung folgen, aus der Tätigkeit im ‚Home-Office‘ oder aus der ‚ständigen Erreichbarkeit‘? Wer ist hierbei für die Umsetzung der Arbeitsschutzrichtlinien verantwortlich?

Die Debatte um den ‚neuen Arbeitsschutz‘ verläuft lebhaft und engagiert. Denn in den Banken und in der Pflege, in der Luftfahrt und im ÖPNV vollzieht sich derzeit ein Wandel, der von der Entgrenzung von Arbeitszeiten und -orten gekennzeichnet ist, wie auch von einer rapiden Beschleunigung und immer engeren Zielkorridoren. Alte Qualifikationen werden entwertet, neue Qualifizierung gefordert. „Wie sich gute Arbeit in der On-Demand-Ökonomie und auf Online-Plattformen gestalten und durchsetzen lässt“, sagt Eva Welskop-Deffaa vom ver.di-Bundesvorstand, „ ist eine der drängendsten Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes“.

Zum zwanzigsten Geburtstag beteilige auch ich mich mit einem Seminar zum Thema.

Seminar: 20 Jahre Arbeitsschutzgesetz – Sicher ist nur der Wandel

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